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Alles wird gut?




Diese Zeilen gehören der Vergangenheit an. Was immer am Wahlsonntag und am Montag passiert sein mag: Wir wissen es nicht mehr. Zu wenig ist passiert. Zu wenig passiert. Zu banal sind die Gegebenheiten. Zu unangenehm sind die Umstände, zu einfach sind die Rechtfertigungen. Verständnis wird immer dort verlangt, wo es am wenigsten angebracht ist. Angriff als beste Verteidigung funktioniert tadellos. Dauerattacken auf tiefstem Niveau werden akzeptiert, sinkt das Niveau der Verteidigung aufgrund natürlicher Emotionen auch, wird diese angegriffen und kritisiert. Dort, wo substanziell nichts ist, wird inhaltlich auch nichts erwartet, das nutzt der rechte Kandidat weidlich aus. Dort, wo substanziell viel vorhanden ist, wird gleich noch mehr erwartet.

Entsetzlich ist, das Animalische in uns Menschen in Zeiten wie diesen so schamlos bloßgelegt zu bekommen. Noch entsetzlicher sind die Umstände. Es ist in Wirklichkeit keine Zeit der Not, es werden allein in diesem Land täglich so viele Lebensmittel weggeworfen, dass ganze Kontinente damit ernährt werden könnten. In die Eisenbahn setzen sich bereits junge Menschen schon nicht mehr, weil es für sie gar nicht mehr vorstellbar ist, den eigenen Arsch in ein öffentliches Verkehrsmittel zu setzen. Das bekommen sie erfolgreich von Eltern vorgelebt. Dass Autos billiger sein sollen als Bahnfahren, ist ein Irrtum, der auf einem völlig verwahrlosten Wohlstand basiert, den die Umwelt einen feuchten Kehricht interessiert. Mit dem Fahrrad zur Arbeit? Dafür haben wir doch das Auto. Fahrrad fahren wir nur bunt gekleidet am Wochenende.

Fremde? Flüchtlinge? Nehmen uns die Arbeitsplätze weg, ist ja ganz einfach: hier so und so viele Arbeitslose, von dort so und so viele Flüchtlinge, die sehr sorgfältig in mehrere Kategorien eingeteilt werden. Außerdem benehmen sie sich nicht gut. Das volkseigene schlechte Benehmen wird geflissentlich ignoriert, auf Details wird verzichtet. Wird eine neue Person in einer Regierung angelobt, wird als erste Eigenschaft ihre Religionszugehörigkeit genannt. Geht es um Kriminaldelikte, werden bei Migranten stets die jeweiligen Herkünfte ausführlich genannt. Was in den heilen österreichischen Familien geschieht, bleibt schön hinter verschlossenen Türen. Keine Kriminalität ist zu akzeptieren, Respekt vor Verurteilten, die Strafen abgebüßt haben, aber zu erwarten. In unserem Land lernen wir, dass aus der Zertrümmerung eines Geldinstituts, einhergehend mit der finanziellen Katastrophe für das Bundesland, in dem es stand, bei Wahlen tatsächlich Kapital geschlagen werden kann, weil die Regierungsprotagonisten es in ihrer Starre nicht einmal geschafft haben, die politischen Wurzeln dieser Misere klipp und klar dort zu verorten, wo sie tatsächlich hingehören. Bauernopfer wurden verurteilt, viele andere Schuldige wahrscheinlich nicht, es gelten wie immer für alle Unschuldsvermutungen, für mich auch.

Auch wenn es berechtigten Grund zu Unzufriedenheit mit den politischen Geschehnissen der letzten Jahre gibt, in denen ein erreichter Wohlstand eher überschaubar toll verwaltet wurde, kann es niemals Grund genug sein, sich einer Fraktion zuzuwenden, die diesen Wohlstand, der tatsächlich einer Verwahrlosung anheimgefallen ist, so schnell vernichten würde, dass wir mit dem Schauen nicht nachkommen würden. Sämtliche gesellschaftlichen Errungenschaften wie ein großartiger Sozialstaat, Toleranz, Verantwortung und Bereitschaft, etwas zu diesen Errungenschaften beizutragen, würden in kürzester Zeit verloren gehen. Sie gehen ohnehin bereits schleichend verloren, ließen sich doch die Regierungskoalitionen in den letzten zwei Jahrzehnten wie eine Schafherde nicht von Hirtenhunden, sondern von mit nassen Lefzen kläffenden Hetzern leiten. Dem Volk aufs Maul schauen ist keine gute Ersatzidee, wenn man schon keine eigene hat, das haben aber offenbar Serienwahlniederlagen der Regierungsparteien auch nicht ändern und Horizonte erweitern können. Es gilt die Hoffnungsvermutung.

Über den Ausgang dieser Wahlen braucht nicht viel gesagt werden, entweder hat das Land noch genug Tassen im Schrank oder wir haben eindrucksvoll die schon zweimal genannte Verwahrlosung unseres Wohlstands, die auch vor einem Ruin des geistigen Potentials eindrucksvoll keinen Abstand nimmt, schwarz auf weiß präsentiert bekommen. Schlüsse daraus? Analysen? Wofür? Es sollte Schluss sein mit Rechtfertigungen und die Dinge beim Namen genannt werden.

Ein Brief an zwei Länder, die bislang Witze übereinander erzählen und über die wir nun alle Witze machen können:

Liebe Kärntner, liebe Steirer,

zuallererst ein herzliches Holareituliöö an Euch beide.

Zwei Kärntner stehen sich gegenüber und treten sich gegenseitig abwechselnd mit den Füßen in die Kronjuwelen. Ein Steirer kommt dazu und spricht die beiden an: „Ihr tut Euch doch fürchterlich weh!“ Darauf erwidert einer der beiden Kärntner: „Keine Angst, wir haben Stahlkappenschuhe an.“ Diesen Witz könnt Ihr Euch nun gegenseitig jeden Tag erzählen, mit vertauschten Rollen, ganz wie Ihr wollt, der Witz gehört Euch. Teilt ihn gerne mit anderen Bundesländern.

Mit freundlichen Grüßen

Ja. Der Brief ist schon zu Ende, mehr fällt mir nicht ein. Oder hat noch jemand etwas zu sagen? In einer kleinen steirischen Stadt an der Grenze zu Slowenien fand am Wahlsonntag ein Kasperltheater statt. Offenbar sind die Betreiber der Kasperlbühne eindeutig blau zuzuordnen. Einige Eltern mit Kindern, die nichts von dem Hintergrund dieser Kasperlbühne wussten, verlassen nach folgenden Sätzen des Krokodils die Veranstaltung: „Schnüff schnüff . . . riecht es hier nach Schwein? Ist hier Van der Bellen?“ Soviel zur Zuschüttung der Gräben nach der Wahl, die ein Flugtechniker hoch und heilig versprochen hat. In einem Kasperltheater für Kinder. Noch Fragen? Es ist grob vorstellbar, was tatsächlich zugeschüttet würde.
Solche Dinge machen nachdenklich. Sollte es diesmal gut gegangen sein, sollten wir uns auf die nächste Wahl akkurat vorbereiten. Der Mob ist bereit. Wir sind nicht mehr sonderlich weit vom Hass entfernt, wir sind mitten drin. Der rechtsextreme Präsidentschaftskandidat und sein Freund vom Wehrsport mit den erweiterten Pupillen plappern von der Erwartung, dass der neue Bundespräsident das Land eint. Auf ihren eigenen Netzwerken wird munter zu Anschlägen auf den neuen Bundespräsidenten aufgerufen. Zu Demonstrationen aufgerufen, „aber ned friedlich.“

Ganz ehrlich: Ich bin auch der Meinung, dass Bundespräsidenten und Politiker Wählerinnen und Wähler nicht als Dummköpfe oder sonstwas verunglimpfen sollten. Ich darf das aber sehr wohl. Ich bin kein Politiker. Ich habe keine öffentliche oder repräsentative Funktion inne. Und ich darf es mir absolut erlauben, die Intelligenz und die Fähigkeit, sinnerfassend lesen und hören zu können, all jener Menschen laut und deutlich in Frage zu stellen, die Menschen wählen, die Hass und Zwietracht säen. Die als politische und wirtschaftliche Referenz ein kaputtes Bundesland vorweisen können. Die, wie man es sehen und hören kann, ganz schlechte Wahlverlierer sind. Die die Bevölkerung dieses Landes durch ständige verbale Gewalt bald zu tatsächlicher Gewalt bringen können, fein säuberlich kalkuliert. Der steirische Bruder der rechtsextremen Abteilung meinte, „50 Prozent der Wähler haben sich nicht blenden lassen“. Stimmt, die sind längst so kurzsichtig, dass nicht einmal die Sonne ihre abgedunkelten Wahrnehmungsapparate mehr erreichen kann. Es macht mir selbst ja auch kein Vergnügen, mit einer Vermutung über den Geisteszustand eines Landes arbeiten zu müssen, die nichts Gutes verheißt. Mit der leisen Ahnung, dass zumindest politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich ein Intelligenzquotient von knapp wahrnehmbar festzustellen ist. Macht wirklich keinen Spass, aber ich finde keine Erklärungen mehr, die dieses Wahlergebnis irgendwie rational rechtfertigen könnten. Gibt es nicht. Verlustängste? Bei Verlustängsten wähle ich doch nicht den Mann mit den Streichhölzern, der mir gleich den Schuppen anzünden wird. Zwei Kärntner stehen sich gegenüber und – das hatten wir schon? Pardon. Folgendes: Stehen ein Flugzeug- und ein Zahntechniker einer jubelnden Menge gegenüber und treten ihnen lächelnd mit Stahlkappenschuhen in die Kronjuwelen. Und aus.




(c) Bildrechte: Chris Brown (CC BY 4.0)

Originalbild: www.flickr.com/photos/zoonabar/2472051640/in/photolist-4LrUQ1-4cpirk-qkEPK-4LnPFc-4Lnycx-dTumG3-a7j2yX-dMKZY-og15TZ-qkEKM-qkJPi-4vuRSU-4vqPR8-54nYax-54nYhT-qkEpD-ahpeuz-4or1ZC-dMKZW-aHGjHr-dMKZT-jvywhp-5RuxF1-dMKZU-7nFWHZ-9X1hy5-hZEhxN-qkEgN-pJ6ub1-4oqYFf-p4GgVu-qkDSm-do3zx8-8Xdq4m-pJ4k1c-4omVNg-4omVPP-qkJtV-qkK9Y-6NKyTK-qkJVj-qkKBg-q1jhBk-do3zTT-pJ7KNa-qkJZt-qkK4U-4omXkZ-qkEzA-do3ym...




[Kolumne/Walter Schaidinger/30.05.2016]





    Kolumne/Walter Schaidinger


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